Eduard Lind


ist der bedeutendste und bescheindenste Künster seiner Zeit und seiner Genration. Geboren, in den turbulenten 90er Jahren, als Kind der Steppe, aufgewachsen zwischen kaltem Beton und blühenden Maisfeldern, gekleidet in Synthetik, verlebte er eine glückliche Kindheit, die ihn durch und durch prägte.

Diese Prägung ist das Zentrum seines Schaffens und Seins.

Als Kind spielte er mit Wäscheklammern und Murmeln und erzählte sich so seinen eigenen Mythos. Wenn man mit einer Murmel und einer Wäscheklammer die ganze Welt erzählen kann, was für unerschöpfiche Möglichkeiten muss es dann noch geben? Diese Frage, ist seine Frage, die er sich als sein immerwährendes Mantra singt, das in seinen kalten Knochen glüht und die seine metaphorischen, kreativen Blockaden, wie Gletscher zum Schmelzen bringt.

Seine phlegmatisch-melancholische Jugend widmete er den Mädchen, der Literatur und der Fotografie und bannte die Jahre 2008-2016 auf Film (bewegt und unbewegt), gewann das Vertrauen der Burgoise und der Kleinstadtaristokratie. Gestiefelt und gespornt, verbrachte er biertrinkend in den Spelunken der Salon-Bolschewisten und gewann auch ihr Vertrauen und sah sich bald in der zerreisenden Leere, beider Lager.

In seinen 20ern angekommen, mittlerweile seelisch und körperlich havariert (Was war er für ein Kerl mit 18 gewesen; Akimbo im Gemüt, Barrenhandstand und Expressionismus), machte er sich auf die Großstädte auf seinem Weg zum unendlichen Ruhm zu entwurzeln und sich selbst in den warmen Humus seiner Vorgänger zu pflanzen. Nach zwei-jährigem Aufenthalt in der Hauptstadt (nicht Bonn) in der nichts nennenswertes passierte, wurzelte er ganze vier Jahre in Hannover und lernte bei den niedersächsischen Meistern der Täuschung und schönen Darstellung, das Zureiten unbändiger Pferde und schließlich die Schauspielkunst.

Irgendwann war alles gespielt, alles gesagt und nichts geprobt gewesen und es blieb nichts anderes übrig als zu tanzen. So überzeugte er eines kalten Wintertages die Musikgruppe Solo Inflagranti durch süßliche Hüftschwünge und High-Energy-Dance-Moves, ihn als tänzerisches Element, als Trombadour, als Hassardeur, als Kegelbruder und als Impressario in ihren Kreis aufzunehemen. Dort erarbeitete er unter seiner Persona Kobra Amore seine ersten Videoarbeiten AMORE und AMORE 2, die ihm beim Tanz zeigen und seine analoge Bühnenperformance visuell untermalten.

Nach einem abgeschlossenem Diplom und damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen, machte er sich auf, die Bretter der deutschen Bühnen zu bespielen. Schließlich erreichte er übermüdet und gepeinigt von Seitenstichen das bigotte Rheinland, die Tore Düsseldorfs, lispelte einige Zeilen Hölderlin vor dem Theaterportal des Schauspielhauses und wurde in die Riege der Stadtgaukler mit einer warmen Suppe und einem Handkuss aufgenommen. Hier gipfelte der Triumph seiner Mittelmäßigkeit, die bis heute seine Miete zahlt und seine imperialistische Fettlebe ermöglicht.

Da auch der schwarze Bühnenquadrant begrenzt ist und auch die Lüge der aufgebrochenen vierten Wand den Raum nicht erweitert, musste ein neuer Claim beansprucht werden: Boesner. Er gebrauchte geschickt seine Verschleierungskünste, um sich als alter Meister der Kunst auszugeben und so auf schlitzohrigste Weise einen Boesner-Ausweis zu eigen machen. In diesem kalten Supermarkt der Klein- und Großkünstler waren die Räume grenzenloser, unendlicher. Hier konnte er der Roggen im Fänger sein, der Steppensand in der Vaseline der Kunst.

Von da an, Tag oder Nacht, Schnee oder Schlaf, Regen oder Schein, arbeitet er wie ein Berserker an seinem Œuvre, brachte seine wirren Ideen in Cuneiform auf duftendes Briefpapier, die Schubladen barsten vor Ideen und Glückseeligkeit, seine Effizient ließ die Sonne ausbluten. Er war nicht mehr zu stoppen, wir haben es versucht.


Künstlerisches Werk



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